Die Zeit ist ein entscheidender Erfolgsfaktor bei Projekten. Insbesondere bei Entwicklungsprojekten in der Automobilindustrie gilt der Start der Serienproduktion (Start of Production, kurz: SOP) im Regelfall als fixierter Termin, der nur in Ausnahmefällen verschoben werden kann.
Aus einem Entwicklungsprozess resultieren viele Änderungen, welche die Komplexität des Projekts sowie die Projektrisiken erhöhen und den Terminplan gefährden. Die Komplexität von Entwicklungsprojekten resultiert aus der Wechselwirkung der verschiedenen Bauteile untereinander: Neben der Veränderung der Funktionalität kann eine Änderung auch eine Veränderung der Fertigung beim Unterlieferanten bedingen, die im Detail dem Systemlieferanten nur bedingt bekannt ist. Der Systemlieferant als führender Zulieferer, auch "Tier-1-Lieferant" genannt, des Herstellers des Automobils (Original Equipment Producer, kurz: OEM), ist zum einem angehalten, die Änderungen umzusetzen, und zum anderen, die Termine einzuhalten, d.h. insbesondere den SOP.
Häufig ist die eigene Wertschöpfung (produktive Tätigkeit) des Tier-1-Lieferanten begrenzt, sodass er leistungsfähige Unterlieferanten benötigt, auch "Tier-2-Lieferanten" genannt, um alle Teile für den OEM herzustellen. Die Änderungsdynamik im Projekt erfordert deshalb, dass alle Projektbeteiligten, die von der jeweiligen Änderung betroffen sind, zeitnah informiert werden. Auch nominiert der Systemlieferant häufig neue Lieferanten, um unter den Tier-2-Lieferanten den Wettbewerb anzufachen und in der Folge Kosten einzusparen. Neuen Lieferanten und teilweise auch neuen, unerfahrenden Mitarbeitern fehlen teilweise das Wissen über wichtige Zusammenhänge und Wechselwirkungen. Um dies aufzufangen und ein Verständnis für die Krisensituation für alle Beteiligten zu schaffen, sollte der Informationsaustausch unter den Beteiligten intensiviert werden.
Im Projekt werden die Schnittstellenprobleme zwischen den einzelnen Unterlieferanten, z.B. die Veränderung an einem Blechumformteil, um es mit einem Kunststoffteil verbinden zu können, werden häufig unterschätzt. Da die sequenzielle Abklärung mit jedem einzelnen Lieferanten sehr zeitaufwendig ist, stimmt der Systemlieferant häufig auch ohne vollständige Risikobewertung und Rücksprache mit seinen Unterlieferanten einer Änderung zu. Dies ist häufig eine Ursache für einen signifikanten Terminverzug – Werkzeug oder auch Anlage haben nicht den erforderlichen Reifegrad für eine Serienbelieferung.
Die Terminklausur stellt eine Möglichkeit dar zur Verbesserung des Projektverständnissen dar und zur kurzfristigen Abklärung wichtiger Maßnahmen dar. Es wird die Transparenz bei der Projektkomplexität erhöht, Abhängigkeiten zwischen den einzelen Lieferanten/ewerken aufgezeigt und es können gemeinsam mit allen Entscheidern vor Ort Maßnahmen abgestimmt werden. Emotionen können abgebaut und die Identifikation mit dem Projekt erleichtert werden. Der Erfahrungsaustausch beim gemeinsamen Mittagessen und in den Kaffeepausen trägt zudem dazu bei, dass die Teilnehmer ein Wirgefühl entwickeln.
In Workshops können Schnittstellenprobleme erläutert werden, wie z.B. die Auswirkung einer Radienänderung auf die Anzahl der Verarbeitungsstufen (Ziehstufen) beim Unterlieferanten. Generell gilt für alle Umformteile am Auto: Je kleiner die Radien, desto schwieriger und aufwändiger ist die Erstellung der Teile, da mehr Verarbeitungsstufen erforderlich sind. Allgemein können dort Auswirkungen von Änderungen und Maßnahmen zur Einhaltung des SOP be- bzw. erarbeitet werden.
Damit die Terminklausur einen möglichst hohen Nutzen für alle Beteiligten bringt, bedarf es einer entsprechenden Vorbereitung der Veranstaltung und einer strukturierten Durchführung. Diese sollte durch die Verwendung von Checklisten und Templates unterstützt werden.